Katalogtext zur Ausstellung Gerhard Prokop - Franz Weickmann 1981 in der Städtischen Galerie Rosenheim |
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Die Bilder Gerhard Prokops scheinen durch die Art ihrer Darstellung den Rezeptionsbedürfnissen breitester |
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Bevölkerungsschichten entgegenzukommen. Denn ihre Inhalte sind auf den ersten Blick ablesbar: Alltagsgegenstände, |
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Personen, Straßenszenen, Tagesschau usw. Und alle diese Sujets sind mit derartiger Akkuratesse auf meist großformatige |
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Leinwände gemalt, daß sie aus etwas größerer Entfernung betrachtet wie Fotos erscheinen. Diese technische Perfektion der |
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illusionistischen Abbildung löst beim Betrachter wohl Erstaunen und Bewunderung für die handwerklichen Fähigkeiten des |
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Malers aus. Für viele Ausstellungsbesucher mag sie auch das ausschlaggebende Kriterium für die Kunstwürdigkeit von |
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Prokops Bildern sein, doch so leicht lassen sich jene nicht konsumieren. Die naturalistisch gemalte Idylle findet nicht statt; |
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der optischen Faszination des ersten Augenblicks folgt die Irritation auf dem Fuß. Es handelt sich zweifelsfrei um nach |
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fotografischen Vorlagen entstandene Bilder. Das wird spätestens bei den “Fernsehbildern” deutlich, die ohne Fotografie |
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undenkbar wären, und das im doppelten Sinne: einmal als technische Notwendigkeit - die Fotografie unterbricht den |
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Bewegungsablauf der Fernsehbilder, sie hält einen optischen Eindruck fest und macht ihn so erst für die Malerei verfügbar - |
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zum anderen als Bildinhalt - Television als ein Teil der mechanisch-elektronischen Abbildungsmedien - Fotografie |
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im weitesten Sinne. |
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Das Foto und in noch stärkeren Maße das Fernsehen haben für den Einzelnen Realitätswert. Unser Bewußtsein der Welt |
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ist in hohem Grade von diesen Medien geprägt, sie ersetzen eine Wirklichkeit, die wir kaum mehr überblicken, geschweige |
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denn handelnd verändern können. Und sie schaffen zugleich eine neue Dimension der Wirklichkeit. Unter diesem Aspekt |
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glaube ich muß auch Prokops malerische Auseinandersetzung mit Wirklichkeit und Fotografie gesehen werden. Dabei geht |
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es ihm nicht ausschließlich um die abgebildete Wirklichkeit, als vielmehr um das Verhältnis von Wirklichkeit und Bild, von |
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Realität und Illusion. Die Vielschichtigkeit dieser Realitäts-Bild-Beziehung ist das eigentliche Thema seiner Arbeiten. |
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Diese Vielschichtigkeit spiegelt sich auch in den einzelnen Stufen des Entstehungsprozesses der Bilder. Gegenstände |
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werden arrangiert, ein Stück Wirklichkeit künstlich hergestellt, sozusagen ein dreidimensionales Bild komponiert. Dieses |
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wird sodann fotografiert und erfährt durch das Medium spezifische Veränderungen. Als maßstäblich stark vergrößerte |
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Diaprojektion, die im Vergleich zum Fotoabzug wiederum Veränderungen aufweist, dient es dann als Vorlage für die |
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Malerei, die den optischen Eindruck auf Grund ihrer technischen Bedingungen nochmals beeinflußt. Dasselbe geschieht in |
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noch verstärktem Maße bei den Fernsehbildern, wo eine bereits durch das elektronische Medium vorfabrizierte Realität |
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nach strenger Auswahl des Diamaterials diesen Prozess durchläuft. |
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Auf diese Weise entstehen Bilder von großem ästhetischen Reiz, die Wirklichkeit vielfältig gebrochen widerspiegeln. Sie |
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erschüttern unser Realitätsbewußtsen, das so häufig Bild und Wirklichkeit verwechselt. Unsere Sehgewohnheiten werden |
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provoziert und wir werden zum Nachdenken über Realitätswahrnehmungen und -vermittlung angeregt. Angesiedelt |
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zwischen illusionistischer Abbildung der Wirklichkeit und der Realität der Illusion in den verschiedenen optischen Medien |
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geben Prokops Bilder einen Anstoß zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Problem “Wirklichkeit”. |
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Klaus Schmid |
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